»größere Ansicht
SALES LINE Nr. 4 - Dezember 2000
Von Schneegestöber, Kitsch & Kult
Von Schneegestöber, Kitsch & Kult
Inmitten von Waldeslust und Fachwerkromantik lässt es das Erbacher Unternehmen Koziol schneien, was die Kugel hält. Traumkugel heißen die Miniwelten unter Acrylglas, die in 50-jähriger Tradition zum Inbegriff von Kitsch und Kult wurden. Obwohl seit 1986 vor allem die bunte Palette fröhlicher und ideenreicher Haushelfer das Image von Koziol bestimmt, sind die runden Schätzchen bis heute untrennbar mit der Familiengeschichte verbunden.
Es war vor einem halben Jahrhundert: Ein Mann fuhr mit seinem VW-Käfer durch den tief verschneiten Odenwald. Durch das berühmte ovale Rückfenster seines Wagens sah er, wie ein Reh über die Straße sprang, während sanft der Schnee fiel. Ein Bild wie aus einem Traum. Und ein Schlüsselerlebnis für den Mann. Es war Bernhard Koziol sen., der schon seit vielen Jahre Kunststoffbroschen mit Märchenmotiven herstellte. Nun begann er zu tüfteln, wie sich das Traumbild einfassen und aufbewahren ließe – die Idee der ersten Traumkugel war geboren. Seine Mitarbeiter hatten schon damals die nötige Erfahrung in der Kunststoffverarbeitung, um die technischen Probleme zu lösen. |
Und so umwirbelte bald der niemals schmelzende Schnee die kleinen Odenwälder Rehe. Ein Stillleben unter Glas war entstanden, geschützt wie eine Preziose – und doch für viele Menschen der Inbegriff von Kitsch.
Darauf angesprochen lacht Stephan Koziol. Seit er 1980 gemeinsam mit seinem inzwischen verstorbenen Bruder Bernhard die Geschäftsführung vom Vater übernommen hat, ist der 48-Jährige maßgeblich am Design der Koziol-Produkte beteiligt. "Ohne Kitsch wäre das Leben langweilig", lautet sein Kommentar. "Und überhaupt – was genau ist eigentlich Kitsch? Da muss jeder seinen ganz persönlichen Maßstab anwenden. Und gerade bei unseren Traumkugeln ist der oft von Erinnerungen und Emotionen geprägt. "Stimmt, denn ob Miss Liberty oder das Hermannsdenkmal beschneit wird, ob die Flocken wundersamerweise auf Hulamädchen oder auf den Froschkönig fallen, jedes Motiv hat einen ganz besonderen Bezug zum Käufer oder dem Beschenkten. Und für viele Menschen auch zu ihrer eigenen Kindheit. Denn damals waren Schneekugeln eigentlich immer da – im Kinderzimmer, als begehrtes Spielobjekt in Omas Nippesschrank oder unter dem verschämten Tarnnamen „Papierbeschwerer” auf Vatis Schreibtisch. |
So bekommen viele Erwachsene beim Schütteln immer noch leuchtende Augen: Sobald die Flocken tanzen, wird auch in Stück Kindheit wieder lebendig.
Phantasien unter Glas
"Gerade die Mechanik macht einen so großen Reiz der Traumkugeln aus", meint Stephan Koziol. "Wo sich durch eine Aktion etwas bewegt, wird das Auge festgehalten." Dafür geht die Phantasie auf die Reise – in die kleine Welt unter Glas. In der Anfangszeit der Schneekugeln wurde das Märchenland - quer durchs Grimmsche Repertoire -bereist, Schwarzwaldmädel vor schmucken Häuschen und Förster samt Dackel geschüttelt. Heile Welt unter der Acrylkuppel.
Heute gibt es bei Koziol vor allem Themen-Motive mit deutlichem Geschenkbezug: Der kreuz und quer einbandagierte Teddy tröstet am Krankenbett, das flammende Herz unterstreicht glühende Liebesschwüre , die bonbonfarbene Sahnetorte übermittelt Geburtstagsgrüße oder "versüßt" die nötige Diät. Und auch mit dem Thema Kitsch spielen die Koziol-Designer ganz bewusst und mit viel Vergnügen. |
Beim Modell "Just Married" fast ein rosa Federbausch die Kuppel mit dem tanzenden Brautpaar ein, der röhrende Hirsch wird kurzerhand versilbert und ein Plastik-Buddha unter dem Titel "Zen Zupreme" in pinkfarbenes Psychedelic-Ambiente versetzt. Längst fällt nicht mehr nur Schnee vom Kuppelhimmel, sondern wirbeln auch Flitter, Sterne und sogar Champagnerflaschen durchs Kugeluniverum. Und so polarisieren die runden Dinger noch heute. Den typischen Fan gibt es aber laut Koziol nicht: "Von der Putzfrau bis zum Professor ist es das gleiche: Entweder man mag sie – oder man mag sie nicht."
"Vertrauen fördert Kreativität"
"Unsere Leitidee heißt: "vergnügt Zukunft gestalten"", beschreibt Koziol die Firmenphilosophie. " Wer verantwortlich arbeitet, seine Stärken kennt und schnell im Team entscheidet, der ist wahrscheinlich auch mit dem Herzen dabei." Das gelte ebenso für die Designer wie für alle anderen Mitarbeiter. Lange Hierarchieumwege hat der agile Geschäftsführer deshalb abgeschafft. Überhaupt macht er sich viele Gedanken rund um Arbeitszufriedenheit und Ausgestaltung interner Prozesse. |
"In den vergangenen Jahren habe ich einiges dazugelernt", meint er und nennt dabei auch gleich seine wichtigsten "Lehrmeister": die Söhne Martin (12) und Daniel (14). "Es gibt Parallelen zwischen dem Umgang mit Mitarbeitern und der Kindererziehung: In beiden Bereichen kommt es auf Vertrauen und klare Absprachen an." Vertrauen schaffe Freiräume, in denen Ideen wachsen können, klare Absprachen den notwendigen Rahmen, der Familie und Unternehmen nicht aus den Fugen geraten lässt.
Wann immer möglich, schwingt sich Stephan Koziol mittags aufs Rad und fährt nach Hause, um mit der Familie zu essen. In bunter Runde – Hund Cindy inklusive – werden die neuesten Schulgeschichten berichtet, Papa als Fahrer für die Fußballmannschaft gewonnen und Mamas neue CD – Ilse Koziol ist Sängerin und hat soeben ihre zweite CD veröffentlicht – begutachtet. Dem gelernten Elfenbeinschnitzer, der die Zeichenakademie in Hanau besuchte, ist das Familienleben sehr wichtig. Doch auch in der Firma steckt sein Herzblut. " Die Zusammenarbeit mit so tollen Leuten ist für mich eine Art Luxus", freut sich Koziol über sein Team. |
Was ihm am meisten Spaß macht? Die kommunikativen und kreativen Aspekte seines Jobs selbstverständlich – die Kooperation mit Kunden und Mitarbeitern. Dazu gehören viele kreative Köpfe, darunter so namhafte Designer wie Javier Mariscal aus Barcelona, der " Vater" des Expo-Maskottchens Twispy.
Doch wie kommen nun eigentlich der Schnee und das Wasser in die Kugel? Warum wird die Flüssigkeit nicht trüb? Und wieso schweben die Flocken in neueren Traumkugeln langsamer zu Boden als früher? Alle Betriebsgeheimnisse kann Stephan Koziol natürlich nicht ausplaudern. Aber schließlich war auch schon die Sendung mit der Maus zu Gast und hat den Traumkugelmachern über die Schulter geguckt. Kleine und große Maus-Fans wissen seitdem, das Kuppel, Boden und das Motiv für den Inhalt maschinell vorgefertigt werden, dann geschickte Hände das Motiv auf den Boden kleben, Schnee und Wasser einfüllen und das ganze dicht verschließen. Viele Motive werden auch von Hand bemalt – einige in Portugal, einige im Odenwald. |
Wie genau das Odenwälder Quellwasser für den Kugelinhalt aufbereitet wird, ist top secret, aber fest steht: Es ist bedenkenlos trinkbar, wenn man nichts gegen künstlichen Schnee zwischen den Zähne hat. Das Verfahren, das die Flocken schön langsam zu Boden sinken lässt , heißt "slow(e)motion", ist patentiert und von einem Berliner Physiker per Zufall erfunden worden. Wie's funktioniert? Koziol lacht: " Wird nicht verraten. Aber sieht doch klasse aus – oder?"
Sonderanfertigung auf
Kundenwunsch
So schneit es nun auf 150 aktuelle Motive etwas langsamer als auf die 5.000, die im Laufe der Firmengeschichte bei Koziol gestaltet wurden. Einen sehr großen Teil nehmen inzwischen die Auftragsarbeiten für andere Firmen ein, die Traumkugeln als ideales Medium zur Vermittlung ihrer Werbeideen erkannt haben. Von einer Auftragsarbeit der besonderen Art berichtet Koziol mit einem Schmunzeln: " Auf unserer Website gibt es einen elektronischen Briefkasten. Dort schrieb uns eine junge Dame, sie brauchte unbedingt eine Kugel mit einem Kätzchen und einem Rechtsanwalt – das Schneegestöber solle als wichtiges Accessoire ihren Heiratsantrag unterstützen. |
Da haben wir kurzerhand einem Teddy den Juristenlook verpasst und die gewünschte Kugel zusammengebastelt." War die Dame erfolgreich? " Wissen wir leider nicht – aber Reklamationen gab's keine…"
Optimierungsinstrument
Mobilkommunikation
In Sachen Traumkugelmarketing; vor allem aber mit seiner Haushalts-Kollektion, reist Stephan Koziol durch die Welt. Bei einem Termin in Hongkong meldet sich plötzlich sein Handy: "Papa, weißt du wo meine Fußballschuhe sind?" "Mobilkommunikation ist nicht nur in firmenspezifischen Belangen wichtig", meint Koziol. Weil ich viel unterwegs bin, schafft sie auch eine gewisse Nähe zur Familie." In einem Unternehmen, das Kommunikation als wichtiges Optimierungsinstrument wertet, hat die weitgehende Erreichbarkeit ohnehin einen hohen Stellenwert. Koziol nutzt deshalb die T-D1 Twin Card. Unter einer einzigen Telefonnummer ist er damit über Handy und Autotelefon stets erreichbar. Die gute Netzversorgung macht Koziol zu einem T-D1 –Kunden aus Überzeugung. "Wichtig sind kontinuierliche Beratungs- und Abstimmungsmöglichkeiten. Sie ermöglichen kurzfristige Entscheidungen. |
Und gerade in unserem Geschäft kommt es auf die schnelle Umsetzung von Ideen an – Stichwort " time to market".
"Im Schnitt dauert es nur ein halbes Jahr von der Idee bis zur Einführung des fertigen Produktes. So kam es in den letzten Jahren zu einer allmählichen Umgewichtung der einzelnen Firmensegmente: Früher war die Herstellung der wichtigste Bereich, heute ist es das Marketing", berichtet Koziol. Und nachdenklich fügt er hinzu: "In der Schnelligkeit liegen natürlich auch Gefahren. Als typischer Zwilling neige ich dazu, alles sofort erledigen zu wollen – was mit mobiler Kommunikation auch meist machbar ist. Damit kürze ich natürlich die Phase des Abwägens, des Überlegens ab. Hin und wieder denke ich anschließend: Da hättest du noch eine Nacht drüber schlafen sollen.“ Sein Fazit: Der Umgang mit dem flotten Medium bedarf entsprechender Verhaltensweisen – doch eines steht für Koziol fest: Die Vorteile überwiegen. Auch wenn Papa bei der Suche nach den Fußballschuhen nicht weiterhelfen konnte… |
»Seitenanfang
www.schneekugel.de - Die Welt der Schneekugeln und Traumkugeln
|