ECHO: Der Welthandel boomt – und noch mehr offenbar die Produktpiraterie. Woran liegt das?
Stephan Koziol: Das liegt daran, dass wir zum Beispiel in Deutschland bei der Anwendung der Gesetze noch weit weg sind von dem, was man machen könnte. Wenn wir in Frankreich einen erwischen, dann bezahlt der die Differenz zwischen dem Originalpreis und der billigen Chinakopie. In Deutschland werden drei Prozent Lizenzanalogie fällig. Das wäre so, als wenn man beim Schwarzfahren erwischt würde und nicht etwa 40 Euro zahlt, sondern nur die Karte nachlöst. Das schreckt keinen ab und führt dazu, dass sich ganze Branchen oder Konzerne wie Tchibo darauf aufgebaut haben, vorhandenes Wissen auszubeuten von mittelständischen Unternehmen.
ECHO: Ist das nicht zu kurz gesprungen? Der beste Schutz vor solchen Piraten ist doch wohl, noch schneller und noch innovativer zu werden, oder?
Koziol: das ist richtig. Ein Plagiat ist die ehrlichste Form der Anerkennung. Wenn wir nicht mehr kopiert werden würden, dann würden wir wahrscheinlich etwas falsch machen. Aber wir leben auch davon, dass man eine Wissensarbeit, die man geleistet hat, um zu einem Produkt zu kommen, nachher auch wieder zurückbezahlt bekommt. Wenn man eine Arznei hat, hat man auch acht oder zehn Jahre Zeit, um das Patent zu nutzen. Es ist auch für uns wichtig, Schutz zu genießen.
ECHO: Stichwort Arznei, Stichwort Bremsscheiben beim Auto: Muss man nicht differenzieren etwa gegenüber einem nachgemachten Eierbecher aus Kunststoff? |
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Koziol: Wir haben hier mehrere hundert Mitarbeiter, die mit ihren Familien von dieser Leistung leben müssen.
Die investieren Wissen und Arbeit. Da sehe ich überhaupt keinen unterschied zu einer Arznei.
ECHO: Was können sie konkret gegen diese Auswüchse tun, wenn sie sagen, das mit den Gesetzen und Behörden funktioniert nicht so?
Koziol: Es funktioniert schon, aber es ist eine Auslegungssache. Es ist schwierig und immer teurer, darum zu kämpfen, dass die Rechte auch durchgesetzt werden.
Wir müssen Markenentwicklung und Auftritt im Markt für den Kunden noch stärker so gestalten, dass er weiß, mit dem Original kauft er einen Mehrwert.
ECHO: Welche Auswirkungen haben die Plagiate für Koziol?
Koziol: Wir hätten doppelt so viele Mitarbeiter (derzeit 170, die Red.), wenn wir das Plagiat – Problem nicht hätten.
Es raubt uns immer wieder die Möglichkeit, mit einer guten Idee das nötige Geld zu verdienen, um damit die nächste gute Idee zu bezahlen.
ECHO: Umgekehrt gefragt: Was wenden Sie pro Jahr auf, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen?
Koziol: Zum einen investieren wir in Entwicklung, und das sind sicher 15 bis 20 Prozent des Umsatzes - auch für den Auftritt im Markt.
Zum anderen haben wir allein an Musterschutzkosten international fast 200 000 Euro im Jahr. |
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ECHO: Seit 30 Jahren gibt es nun schon den Plagiarius als Preis für Gedankenarmut, der an besonders dreiste Fälscher vergeben wird. Hat dies bislang irgendetwas genutzt?
Koziol: Das hat viel genutzt in der öffentlichen Wahrnehmung, ist ein wichtiger Beitrag, dass es für Händler und Endverbraucher klarer wird, es gibt ein Original und eine Fälschung.
ECHO: Wird der Piratenjäger Koziol bei alldem langsam müde?
Koziol: Wir werden nicht müde, wir werden raffinierter, erfahrener. Und wir haben uns zusammengeschlossen mit anderen Unternehmen. Wir besuchen mit denen und dem Zoll die Messestände, um vor dem Messestart schwarze Schafe zu eliminieren. Man muss sich einfach einen Namen erarbeiten, mit dem man Angst und Schrecken verbreitet. Beispiel: Wir haben eine Kopie im Internet entdeckt und versucht diese bei dem Unternehmen zu bestellen. Die Antwort war nein, weil es in Europa eine Firma Koziol gibt, da können wir leider nicht hinliefern, hieß es. Das ist prima.
ECHO: Sind sie also von der Markenstärke schon da, wo sie hin müssen?
Koziol: Die Bekanntheit bei der Fan – Community, die ist da. Die wollen auch nur das Original. Aber unsere Produkte – intelligent gemacht – reizen nun mal dazu, kopiert zu werden. Nicht einmal Adidas, IBM oder Mercedes können sich so umfassend schützen, dass da nichts passiert. Und das können wir auch nicht. |