Die Welt der Schneekugeln und Traumkugeln
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Text: Fabian Lutz
Fotos: Kurt Henseler - www.kurt-henseler.de (externer Link)

 

 

iwz - illustrierte Wochenzeitung - Nr. 49 - 1998

Leise rieselt der Schnee - Traumkugeln aus dem Odenwald

Wenn die Schneeflocken in der Plastikkuppel langsam zu Boden rieseln, scheint die ganze Welt für einen Moment stillzustehen. „Wir liefern Balsam für die Seele, wir wollen das Gemüt ansprechen“, versucht Stephan Koziol, einer der Geschäftsführer der Traumkugelfabrik in Erbach, den Erfolg seines Produktes zu erklären.

Die Geschichte vom Ursprung der Schneekugeln ist fast zu schön, um wahr zu sein: In einer kalten Winternacht 1951 soll der Firmengründer mit seinem VW Käfer im tief verschneiten Odenwald festgesteckt haben. Beim Blick durch das Rückfenster sah er die Schneeflöckchen tanzen, und ein Reh sprang über die Straße - eine Szenerie, die dem Geschäftsmann zu Herzen ging und ihn auf eine blendende Idee brachte. Know-how in Sachen Kunststoff hatte der findige Mann und gelernte Elfenbeinschnitzer bereits gesammelt: Seine Firma war führend in der Herstellung von Geschenkartikeln aus Kunststoff, wie sie in jedem Kiosk an Ausflugszielen zu finden sind: Wetterhäuschen, aus denen bei schönem Wetter ein Mädchen im Dirndl heraustritt, goldene Hirsche, Plastik-Edelweißsträußchen -Schnickschnack, der unter dem Begriff „volkstümliches Souvenir“ firmiert.

Der Chef stellte die in seiner Firma produzierten Kunststoff-Broschen in eine durchsichtige Plastikkugel, füllte sie mit Wasser und gab ein paar schneeweiße Kunststoffflocken hinzu, fertig war die beschauliche Welt im Kleinformat.

Die zunächst abstrus anmutende Geschäftsidee wurde ein Dauerbrenner. Erste Motive waren etwa Maria und das Jesuskind, eine Balletttänzerin, Rotkäppchen und der böse Wolf, auch Hermann der Cherusker reckt auf seinem Denkmal stolz sein Schwert empor. Auf dem Schreibtisch von Stephan Koziol sind einige der alten Prachtstücke zu bewundern, für die sich mancher Sammler interessieren würde.

Trotz aller Erfolge in anderen Produktionssparten, etwa bei pfiffigem Kunststoffgeschirr und -besteck, bleibt die Traumkugel immer noch Flaggschiff und wichtigster Imageträger der Firma, denn Schneekugeln kennt jeder. Ein offenes Erfolgsgeheimis ist der ständige Wechsel im Angebot.

Junge Designer und Designerinnen haben die Chance, ihre eigene kleine Welt unter der Plexiglaskuppel zu gestalten. „Wichtig ist, dass wir sehen, was sich in der Gesellschaft bewegt.“

Der berühmt-flüchtige Zeitgeist muss schnell erkannt und in die Kugeln gepackt werden. Mal sind Heerscharen von kuschelig-kindlichen Teddybären im Trend - auch geflügelt trotzen sie dem Schneesturm -, dann ist eine Kollektion von Sonne, Mond und Sternen ein Verkaufserfolg.

Zu fast jeder Gelegenheit kann der Schnee aus heiterem Himmel geschüttelt werden: zum Schulanfang, zur Hochzeit, dem Sportler zum Sieg, und den Krankenhaus-Patienten tröstet ein von Kopf bis Fuß in Mullbinden eingewickelter Bär.

Auch farbenfrohe feiste Gestalten á la Niki de Saint Phalle und der Kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry hatten schon ihren Auftritt, wobei der Prinz natürlich nicht im Schnee-, sondern im Sternenregen stand.

Hier spricht die Firma voller Stolz von „kleinen Kunstobjekten“. Neben den Designer-Ideen ist viel Handarbeit gefragt.

Von den insgesamt 160 Mitarbeitern sind je nach Bedarf 20 bis 30 mit der Produktion der Traumkugeln beschäftigt.

Wenn es hoch hergeht, verlassen pro Monat rund 10 000 Exemplare das Odenwaldstädtchen Erbach, ein Großteil geht in die USA.

Die Herstellung ist einfach: Auf eine Kreisrunde Grundplatte wird die Kunststofffigur, dann die Kuppel geklebt, mit einer Menge Fingerspitzengefühl dann die Mischung aus Schnee und je nach Bedarf – Gold- und Silberglimmer eingefüllt. Zum Schluß erhält die Kugel eine Füllung mit Odenwälder Quellwasser. Seit jetzt bald 50 Jahren hat sich das Verfahren kaum geändert. Welche Mixtur lange Zeit für klare Sicht im Kunststoffgehäuse sorgt, ist Betriebsgeheimnis.

Eine wichtige Geschäftssparte sind nicht nur Produkte für den freien Markt, sondern auch Werbekugeln. Hier kann so gut wie jeder Kundenwunsch erfüllt werden: Da lässt ein Bodybuilder für einen privaten Fernsehsender seinen Bizeps schwellen, für eine Schuhpflegefirma flitzt ein Frosch auf einem Schlitten durch die tief verschneite Winterlandschaft. Nicht nur die klassischen Schneeflocken rieseln in den Kugeln.

Der Kunde kann sich entscheiden, welche „Schwebeteilchen“ seine Werbewelt verschönern sollen.

Dabei ist fast nichts unmöglich: Orangen, Gießkannen, Musiknoten, Herzchen, Pfennigstücke oder Champagnerfläschchen. Sogar Mini-Würstchen fliegen durch die imaginäre Luft, dass es ein wahres Schlaraffenland ist.

Die Traumkugeln werden in sieben Größen von „klein“ bis „Gigant“ angeboten, wobei letztere mit einem Durchmesser von 21 Zentimetern eine Menge Raum für Spielereien bietet: Eine musizierende Teddybärenband hat hier ebenso Platz wie eine Hochzeitstorte, die auch über die goldene Hochzeit hinaus frisch bleibt.

Aufwendige und kunstfertige Werke haben ihren Preis, so bewegen sich die Verkaufspreise für die Traumkugeln zwischen 15 und 300 Mark.

Eine preiswerte Alternative zu den kleinen Kunstwerken ist die Do-it-yourself-Traumkugel.

 

Hier wird statt einer dreidimensionalen Plastik einfach ein zurechtgeschnittenes Foto von unten in die Kugel geschoben – schon sitzt die liebe Familie inmitten einer friedvollen Winterlandschaft.

Seit Anfang der 90er Jahre ist die „Traumkugel“ ein eingetragenes Warenzeichen.

Der Begriff darf von keiner anderen Firma verwendet werden – eine wichtige Waffe, um das Marktsegment zu verteidigen.

Neben den neuen bunten Figuren – pro Jahr werden ein bis zwei Serien aufgelegt – haben klassische Motive aus den guten alten 50er Jahren ihre Liebhaber. Gerne geschüttelt wird das Modell „Silberwald“.

Der Kunstschnee rieselt wahlweise auf einen röhrenden Hirsch oder ein Pärchen Rehe.

 

Copyright © iwz - Text: Fabian Lutz - Fotos: Kurt Henseler

 

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